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Lüdenscheider Zeitbilder
 

1609:   Reformation, Erbe, Brandenburg-Preußens
           1609 und der Dreißjährige Krieg

Bürgermeister: 38 Bürgermeister des Spätmittelalters sind bekannt. Zu Beginn der preußischen Zeit ist Adolph Kloucke Bürgermeister. Ihm folgten Rutger Scharfe, Hermann Hymmen, Herm. Sprenkelmann, Johan Brinkmann, Heinr. Rosenkranz, Herm. Kruithan, Herm. Scharpe, Johann Roffhaeck und Joh. Roffhake.

Um in Köln die Domschule, die Predigerschule der Dominikaner oder ab 1388 die Universität besuchen zu können, lernten auch einige junge Lüdenscheider Latein. Der erste Rektor der Universität Köln, Hartlevus von der Mark, hatte Einkünfte aus dem Kirchbezirk Lüdenscheid. Einer der zwei oder drei lokalen Pfarrer/ Prediger/ Vikare erteilte den Lateinunterricht, für den im 15. Jahrhundert eine Lateinschule eingerichtet worden war. Um 1550 brach die römische, katholische und papsttreue Tradition infolge der Reformation ab und gingen die Lüdenscheider Theologiestudenten zu den protestantischen Universitäten in Wittenberg, Rostock und Halle. 1563 begann Pfarrer Clemens Ludemart "durch die Einführung der Gesänge Lutheri" mit der Reformation.
Ein Geschichtsschreiber berichtete 70 Jahre nach der Reformation in Lüdenscheid:

"Erstlich tempus Reformationis anlangend, so ist diese Gemeinde in anno 1578 vom Papsstthumb liberiret, und ist der erste Pastor, welcher die papistische Lehr gentzlich quittirt und an diesem Ort abgeschaffet, Dom(inus) Johannes Rosenkrantz gewesen, dessen Antecessor, Herr Ludemer, genandt. Ob nun wohl jetzt besagter Pastor Rosenkrantz anfenklich zwarn der papistischen Religion 8 Jahre zugetan gewesen
...
so hat er dennoch in anno 1578 die reine ohngeänderte Augspurgische Lutherische Religion allererst eingeführt.
...
Zudem hat sich auch Pastor Rosenkrantz 1578 verheiratet."
(StAMü:Klev: M.L.A. Nr. 126 S. 156 - 161)

Dass der Wechsel teils mit Hass und Gewalt vollzogen wurde, zeigen die Glaubenskriege und ein Bericht aus Lüdenscheid, dass in der deutschen, d. h. evangelischen Schule und auch außerhalb folgendes Lied gesungen wurde:

"Erhalt uns Herr bei deinem Wort und steur (d. h. stoppe) des Papsts und Türken Mord." (StAMü.Klev.L.A.Nr.127cNr.5)

Nun wurde der klevische Landesherr und ab 1609 der brandenburgische zum Schutzherr der Kirche und verlor das Erzbistum Köln seinen Einfluss auf die Grafschaft Mark. Die Vikare/ Pfarrer hatten von nun an neben den Gottesdiensten für den Schul- und Katechismusunterricht zu sorgen. Trotzdem blieben viele religiöse Traditionen erhalten. So trugen die Pfarrer Lüdenscheids im Gottesdienst die gleiche Kleidung wie vor der Reformation bis in die Zeit des Pietismus und Rationalismus, also bis ins 18. Jahrhundert. Gut 200 Jahre lang gab es nur evangelische Lüdenscheider und einige jüdische. Katholiken kamen erst wieder um 1800 als Flüchtlinge der französischen Revolution.

Foto: Ein Glasfenster zeigt einen Adler.
Das Herscherwappen wurde nun der brandenburg-preußische Adler, der hier in einer Glasarbeit des Ständesaals in der Burg Altena zu sehen ist.

 

Bis in diese Zeit gehörte auch das Armenwesen ununterbrochen zu den Aufgaben der Kirche. Aus dem Jahr 1652 stammt eine Aufzählung des Kassenwarts der Armenspende. Danach gab es ein Vermögen von mehr als 2 000 Talern, dessen Zinsen und Erträge für die Armen verwendet wurden. Allein die Stiftung der Adelsherrschaft Neuenhof betrug 400 Taler. Diese Beträge gehörten dem gesamten Kirchspiel, das sich erst 1843 in die Stadt- und Landgemeinde aufteilte. Die Verantwortlichen für die Armenkasse waren neben dem Kassenwart der Pastor, der Bürgermeister und der Hochgraf (Richter). Strenger als im Spätmittelalter bemühte man sich in dieser Zeit darum, das Betteln zu unterbinden und jedem eine Arbeit zuzuweisen, andererseits sollten die arbeitsunfähigen Bedürftigen eine angemessene Hilfe erhalten. Zwischen den verschiedenen Kirchen verhielten sich die klevischen Herzöge und Herrscher der Grafschaft Mark neutral. Diese Toleranz wurde auch von Brandenburg-Preußen übernommen, das nach dem Aussterben der klevischen Herrscherfamilie deren Erbe 1609 übernahm.

Nicht nur religiöse, sondern auch gesellschaftliche Umbrüche prägten die Zeit. Das zeigte sich in der Amtsversammlung von 1598 auf der Vogelberger Höhe, wo am Galgenberg seit vielen Jahrhunderten die seltene Todesstrafe vollzogen wurde. Der Droste des Amtes Altena wurde von den Adligen und Freien aufgefordert, die alten Rechte zu bestätigen, Gerechtigkeit durchzusetzen, Laster (Ehebruch, Blutschande und Hurerei) zu bekämpfen, Betteln zu unterbinden, die Belastung durch die Amtsleute und die Unordnung des korrupten Hochgerichts zu beheben, das Problem der Schlächte zu lösen und Hexen mit dem Tod zu bestrafen. Der Ruf nach mehr Recht und Ordnung in Zeiten der Umbrüche war unüberhörbar.

1622 eroberten spanisch-pfälzische Truppen die Burg Altena, wodurch die südliche Grafschaft Mark für zwei Jahrzehnte in den Dreißigjährigen Krieg einbezogen wurde. Wegen der Randlage in Brandenburg-Preußen konnte dessen Armee die Grafschaft oft nicht schützen. Hinzu kam 1635/36 der "Schwarze Tod". Ãœber beide berichteten die Verantwortlichen des Kirchspiels Lüdenscheid an den Amtsdrosten von Altena:

"Ew. Hochwohlgeb. ist kundig, in was großen Untergang das Kerspel Lüdenscheid kommen durch oftmalige Durchzüge, so dasselbe als nächst für dem Prasse (d. h. Kriegslärm) gelegen allermeist getroffen, zudem anno 1636 an 900 Menschen gestorben, wodurch über 120 Höfe ganz wüste, abgebrannt und niedergefallen
..."
(ZAMers: Rep. 34, 137 BL. 83/85)

Mehrfach musste die Stadt beim Freiherrn des Gutes Neuenhof Kredite aufnehmen und an ihn Grundstücke verkaufen, um zahlungsfähig zu bleiben. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die Schuldzinsen aus den Notjahren des 30-jährigen Krieges und der Franzoseneinfälle mit 212 Talern pro Jahr angegeben.

Der Statthalter des Kurfürsten von Brandenburg, Graf Moritz von Nassau-Oranien, bestätigte 1666 auf einer Reise durch die Mark persönlich die alten Rechte der Stadt in einer wertvollen Urkunde. Trotzdem wurde Lüdenscheid nicht vor den Franzoseneinfällen 1673 und 1679 geschützt, weil der Kurfürst in Berlin sich gleichzeitig gegen die angreifenden Schweden verteidigen musste. Die Franzosen quartierten so viele Soldaten ein, dass die Zahl der Einwohner verdoppelt wurde.

Foto: Von links nach rechts: Ein langgestrecktes Gebäude, rechts dahinter ein schloßähnliches Haus mit zwei Türmen. Rechts im Foto wieder ein langgestrecktes Gebäude. Der dadurch entstandene Hof ist vorne durch ein schmiedeeisernes Schmuckgitter begrenzt.

Das Wasserschloss Neuenhof von 1695 in der Mitte mit später hinzugefügten Wirtschaftsgebäuden.

Streit gab es aber auch manchmal zwischen den Ineressen der Adligen von Neuenhof und den Bürgern der Stadt. Sie richteten im Januar 1679 einen zweiten Hilferuf an den Kurfürsten in Berlin, weil sie für das Mahlen des Getreides in der Pöppelsheimer Mühle jährlich 200 Taler zahlen mussten, was zu Mehlpreisen führte, die nicht mehr von den Armen bezahlt werden konnten. Die Lüdenscheider durften wegen des ererbten Monopolprivilegs und -rechts der Adligen von Neuenhof nicht mahlen.

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1682:   Stadtbrände, Drahtgewerbe und Stapelordnung

Foto: Eine Häuserreihe mit alten Laternen in der Lüdenscheider Altstadt.

Nach dem Stadtbrand 1723 wurden die Häuser um die Erlöserkriche neu errichtet.

Bürgermeister: Melchior Kuithan, Christian Wyneke, Georg Heinr. Gervshagen, Dr. jur. Johann Leop. Clomberg, Dr. jur. Bernh. Herm. Scharffe, Dr. jur. Peter Georg Cronenberg, Dr. jur. Johann Leopold Clomberg, Jürgen Köster, Johannes Uhlenberg, Johann Hallervorft (letzter gewählter Bürgermeister vor 1843), Dr. jur. Bernh. Herm. Scharffe, Dr. jur. Johann Heinrich von den Bercken, Dr. jur. Hermann Richard Pollmann, Dr. med. Johann Peter Kreksig

Mindestens sechs Stadtbrände zerstörten die Stadt in der frühen Neuzeit 1530, 1578, 1589, 1656, 1681 und 1723. Sie vernichteten jeweils fast die ganze Stadt bis auf die Kirche, die aus Stein gebaut war. Viele Menschen und Tiere starben dabei. Im letzten Brand wurden 6 Personen und mehr als 100 Tiere Opfer der Flammen, die sich innerhalb weniger Minuten über die Strohdächer der ganzen Stadt verbreiteten. Die Kreditzahlungen des vorletzten Brandes lasteten noch auf den Bürgern der Stadt, als der letzte Brand erneut die Stadtbewohner ruinierte. Ihnen räumte der Landesherr deshalb Steuererlasse und in den Nachbarorten Sonderkollekten ein. 1693 wurde vom Bürgermeister eine Feuerschutzordnung erlassen und eine Feuerwache eingerichtet. Die Kamine sollten von Schornsteinfegern regelmäßig gereinigt werden, Feuerleitern und Wassereimer gekauft und griffbereit und Wasserbehälter jederzeit gefüllt sein. Damals wurden viele Brandschutzmaßnahmen in den Städten Westfalens erlassen, weil die Strohdächer durch Funkenflug leicht Feuer fingen. In Lüdenscheid kam zu dem normalen Funkenflug der Kochstellen der Funkflug der vielen Schmieden, weshalb es hier so zahlreiche Brandkatastrophen gab. Ab 1681 durften sich die Schmieden nur noch außerhalb der eng bebauten Stadt zwischen dem westlichen Stadttor am Karussellplatz und dem heutigen Sternplatz ansiedeln.

Wenn die alten Dokumente verbrannten, mussten sie erneuert werden. So wurde mit der Ordnung der Drahtgilde von 1682 eine ältere bestätigt, die 125 Jahre vorher ausgestellt war und noch einmal so lang halten sollte. In dieser Ordnung bestimmten die Reidemeister das hiesige Eisen- und Drahtgewerbe. Sie waren die Besitzer der ca. 30 Rollen, die zu Lüdenscheid gehörten. Rollen wurden die Hüttenwerke genannt, die wassergetriebene Blasebälge und Hammerwerke besaßen und an Flussläufen angesiedelt waren. Davon gab es an der Rahmede 10, an der Verse 7, an der Bremeke 2, an der Losmeke 4 und an der Elspe 6.

Die ca. 30 Reidemeister setzten in dem Compagnie oder Stapelvertrag von 1705 zwei "Visitatoren" gegen die Stimmen der Klovemeister durch (Clavemeister, d. h. Vermessungsmeister der Handwerker). Die Eisenwaren sollten nicht mehr frei verkauft, sondern gemeinsam vermarktet werden. Damit sollte die Qualität verbessert und ein höherer Verkaufspreis erzielt werden. Das Drahtkartell war aber umstritten, weil nur ein Teil darin Vorteile sah, während eine Minderheit lieber ihre Produkte auf eigene Faust vermarktete.

Seit 1710 bemühten sich Beamte des preußischen Königs darum, die Vetternwirtschaft des Stadtrates zu beenden. Der Stadtrat, der sich oft selbst einen Teil der Einnahmen zugesprochen hatte, z. B. durch hohe Spesen, wurde entmachtet und 1716 ein Magistrat ein gesetzt, der im Auftrag des preußischen Königs dessen Politik unbestechlich auszuführen hatte. Die mittelalterliche Selbstverwaltung durch den Rat wurde vom Magistrat bis 1843 abgelöst. Der Grund für die Entmachtung war, dass 1716 den Jahreseinnahmen von 172 Rtlr. (1 Reichstaler ca. 4.000 Euro) Ausgaben von 468 Rtlr. gegenüberstanden. In diesem Jahr wurde ein Magistrat ernannt, der zur Hauptsache aus dem Bürgermeister, dem Kämmerer und seinem Sekretär bestand. Die Kapitalschulden betrugen in dem Jahr 4.342 Rtlr. und waren in der Zeit der Franzoseneinfälle 1673/79 entstanden. Danach wurden die Schulden nicht abgetragen, so dass jährlich bis zu 293 Rtlr. Zinsen gezahlt werden mussten. Die Verschuldungspolitik wurde durch das Eingreifen der königlichen Beamten beendet. 1768/69 schloss der Etat bereits ausgeglichen mit dem Jahresvolumen von 414 Rtlr. für die Ausgaben und für die Einnahmen. Um das zu erreichen, wurde die Stadtmauer so renoviert, dass nur an zwei oder drei Toren Einlass oder Ausgang gewährt wurde, um die Akzise (Umsatz- und Verbrauchssteuer, die beim Eintritt in die Stadt zu zahlen war) einnehmen zu können und eine genaue Kontrolle über den Warenfluss zu gewinnen. Um den Steuerzahlungen an den Stadttoren auszuweichen, bogen die Reisenden, die zum Beispiel von Brügge/ Winkhausen Altena oder Werdohl wollten, am Grünewald ab und gingen über den Diebesweg zur Worth, statt die Stadt zu durchqueren. Ein Schreiber des Amtes Altena fasste die Klage der Erb- und Eingesessenen über die Einführung der Akzise und deren Zwang zum Einkauf in der Stadt so zusammen:
"Von jeher hätten sie auf dem Lande das Recht gehabt, Bier zu brauen, oder Wacholderwasser zu brennen, Grob und Weißbrot zu backen, auch das Recht geringer Höckereien (Kaufläden) als etwa mit Tran, Öl, Essig, Salz, etc. Jetzt müsste dies alles auf einmal aus den Städten geholt werden, die doch kaum imstande wären, ihre eigenen Bürger mit dem Notwendigen zu versorgen."
(Weddigen: Westfälisches Magazin 1786)

Foto: Das Foto zeigt eine alte Handschrift, vermutlich aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Der Drahtschmiede-Eid der Lüdenscheider Osemundgilde spiegelt die Wirtschafts- und Sozialordnung der Zeit.

 

1722 zählte die Stadt 352 "Haussitzende", 425 Kinder und 144 Personen Gesinde, also 921 Einwohner. 15 Wirte, 11 Bäcker, 4 Schlächter, 7 Schneider, 6 Schuster, 2 Friseure, 1 Apotheker, 1 Sattler, 4 Tischler, 2 Maurer, 3 Tabakhersteller, 307 Drahtschmiede, 33 Drahtzöger, 11 Kleinschmiede, 6 Drahtschläger und 5 Osemundschmiede gehörten zur Stadt. Nach den vorliegenden Zahlen betrieben die Lüdenscheider neben der Viehwirtschaft, dem Garten- und Feldanbau mehr als ein Handwerk.
Die Bürger innerhalb der Stadt waren in vier Rotten aufgeteilt. Das waren Stadtviertel, die für die Brandbekämpfung, die Stadtverteidigung, die Reparatur der Mauer, die Wahl von Pfarrern und auch für soziale Einrichtungen wie Nachbarschaften aufkamen. Diese halfen in Notfällen und organisierten die Beerdigung mit dem Tragen des Leichnams, dem Ausheben des Grabes und der Abdeckung mit dem Leichenlaken. Im 18. Jahrhundert gehörte Lüdenscheid zu den Fabrikdistrikten, die vom Militärdienst befreit waren und den Regimentern in Wesel gemeinsam jährlich 4 794 Rtlr. (1771) zahlten. Aufgeteilt in vier Steuerklassen mussten die Feuerstellen folgende Beträge zusammenbringen: Stadt Iserlohn 870 Rtlr., Stadt Altena 600 Rtlr., Stadt Lüdenscheid 219 Rtlr., Kirchspiel Lüdenscheid 527 Rtlr. u. a. Dem Preußischen Staat waren in diesen Fabrikdistrikten die Werbefreiheit-Gelder und die Produkte der hiesigen Metallindustrie wichtiger als der Militärdienst der Bürger.

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1756:   Der Siebenjährige Krieg und die Frühindustrialisierung

Bürgermeister: Dr. med. Johann Peter Kerksig, Haardt, Casp. Jacolb Theodor Cristoph Spannagel, Camarius Schniewindt, Dr. jur. Friedrich Wilhelm von den Bercken

1753 setzte der preußische König das Landgericht ein und zentralisierte damit seine Macht. Gleichzeitig wurde die Rechtsprechung sachlicher. Damit endete die Zeit der Hochgrafen. Zuletzt hatten drei Generationen der Familie Hymmen in der Stadt Recht gesprochen – allerdings oft mehr zum eigenen Vorteil als zum Vorteil der betroffenen Bürger. Während des Siebenjährigen Krieges nahmen hier fünf Jahre lang verschiedene französische Truppen Quartier, um von der preußischen Grafschaft Mark aus gegen das preußische Zentrum in Berlin zu kämpfen, das seine Graf schaft Mark zeitweise nicht verteidigen konnte. Deshalb wurden die Stadtkirche und die Kreuzkapelle vor der Stadtmauer auf dem heutigen Sternplatz von den Besatzungstruppen als Magazinräume beschlag nahmt. Folglich fanden die Gottesdienste unter freiem Himmel statt, auch wenn die Niederschläge den he tigen glichen, die Temperaturen aber niedriger waren. Während der Kriegsjahre 1756 - 1763 musste die Stadt insgesamt ca. 10.000 Rt. und das Gut Neuenhof 10.626 Rt. an die französischen Truppen zahlen.

Foto: Ein aufgestauter Teich, dahinter ist ein niedriges Haus mit Schornstein sichtbar: Der Bremecker Hammer.

Der Bremecker Hammer zählt heute zu den technischen Denkmälern Südwestfalens.
Das aufgestaute Wasser dient dem gleichmäßigen Antrieb des Wasserrads, mit dem der Blasebalg und die Hämmer betätigt werden.

Nach dem siegreichen Ende des Krieges erließ Preußen das General-Schulreglement, nach dem überall Volksschulen errichtet werden sollten, damit die Bevölkerung Lesen, Rechnen und die Bibel kennen lernen sollte. In Lüdenscheid gab es schon seit etwa 1600 eine "Teutsche Schule" und seit 1450 eine Lateinschule, die 1685 eine Rektoratsschule (Mittelstufe des Gymnasium) wurde. Die Schüler der Rektoratsschule zogen oft zum Gymnasium nach Soest, um dort das Wissen für die Universität zu erwerben. Bis 1906 konnte man in Lüdenscheid keine Abiturprüfung als Zulassung für die Universität ablegen, weil hier mehr gewerbliches Wissen als Universitätswissen benötigt wurde. Für die Landwirtschaft und Ernährung waren besonders die Viehmärkte am 24. Februar und 14. September wichtig. Zur Tränkung der ca. 400 Kühe, Schweine und Pferde in der Stadt und der Tiere an den Markttagen, aber auch zur Wasserversorgung der Menschen musste die Wasserzufuhr verbessert werden. Im 18. Jahrhundert gab es in der Stadt und direkt vor ihren Mauern ca. 30 Brunnen. Da sie besonders in den Sommermonaten nicht genug Wasser lieferten, leiteten die Bürger seit dem 17. Jahrhundert Wasser von den Quellen im Loher Wald durch Ackeldruften - das waren mit Steinplatten abgedeckte Kanäle - in die Stadt. Ab 1723 wurden Holzröhren verlegt, um den Wasserverlust zu verkleinern und die Qualität zu verbessern. Erst um 1900 ersetzten Eisenrohre die Holzröhren.

1788 beschloss der Rat, den Nattenberg aufzuforsten, der durch den Holzbedarf der Bürger und durch die Weideschäden des Viehs entwaldet war, das dort gehütet wurde. Nattenberg, Elend, Nurre, Nocken, Volksfeld, Stert, Elspe und Eichenhahn gehörten zum Volksfelder Hof (261 Morgen, 153 Ruthen), den der Graf von der Mark der Stadt gegen eine Erbpacht von 4,5 Mark im Jahr 1425 übertragen hatte. Die Erhaltung des Waldes war für die Weidewirtschaft, den gewerblichen und den privaten Energiebedarf der Lüdenscheider wichtig. Deshalb zogen die Bürger unter Geläut aus der Stadt und pflanzten Baumsetzlinge. Dabei wurde das Lied gesungen:
"Schier waren unsre Berge leer/
Da grünten wenig Bäume mehr/
Das sah die ganze Bürgerschaft/
Mit Schmerz und Traurigkeit ..."
1790 fand eine ähnliche feierliche Aufforstung der Loher Höhe, heutiges Loher Wäldchen, durch die Bürger statt. Deren Interesse galt besonders der Pflanzung eines Stadtwaldes als Naherholungsort und zur Wasserregulierung. Auch der Landesherr hatte die dringende Notwendigkeit der Forstwirtschaft eingesehen und 1797 einen staatlichen Förster für die Lüdenscheider Waldungen eingesetzt.

Der erhöhte Holzverbrauch ging auch auf die Breitindustrie zurück, die seit der Mitte des Jahrhunderts hier sesshaft wurde. Sie stellte "gebreitetes" Material her: Spaten, Schaufeln, Sägen, Pfannen, Beile u. a.

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Lüdenscheider Zeitbilder
Impressum/ Angaben gemäß § 5 TMG/ V.i.S.d.P.:
Lüdenscheider Zeitbilder, Lindenau 16, 58511 Lüdenscheid
Vertreten durch: Matthias Wagner, Telefon 02351 25138, info (at) lüdenscheider-zeitbilder (.) de
Gestaltung: Martin Sander/ Hans-Werner Hoppe