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Lüdenscheider Zeitbilder
 

1268:   Lüdenscheid erhält Stadtrechte

Foto: Das Foto zeigt die Lüdenscheider Stadtrechtsurkunde.

Urkundenauszug und -abschrift: "Item eyn brieff dat de Hertoge van Lymburg den van Valkenberghe und die von Hensberghe, dar vor guyt synt von desß Bischoppes wegen von Cölne, dat men van Ludenscheyde eyn stat mach maken." (Regest im Staatsarchiv Münster)

Um 1000 n. Chr. gab es 150 und um 1350 n. Chr. ca. 3.000 Städte in Deutschland. 80% zählten weniger als tausend Einwohner. Die Entwicklung zur Stadt Lüdenscheid beruhte auf sechs Bedingungen:

Foto: Stadtwappen Lüdenscheid von 1911: &Uml;ber einer Figur (sie soll den Heiligen St. Medardus darstellen) befindet sich eine stilisierte Stadtmauer mit drei Türmen und einem Tor. Unter der Figur ein zweireihiges rot-graues Schachbrettmuster, darunter eine stilisierte Stadtmauer mit einem Tor.
Die Hoheitszeichen der Stadt (Siegel und Wappen) wurden oft dem Zeitgeist angepasst. Aus manchen Zeiten fehlen sie. Hier ist die historische Form von 1911 zu sehen.

 

1. Schon seit dem 9. Jh. sind Rennfeuer und damit Eisengewinnung und -verarbeitung im Gebiet Altena-Lüdenscheid nachzuweisen. Da das ungünstige Klima keine reichen landwirtschaftlichen Erträge zuließ, war der Handel mit Eisenartikeln und Lebensmitteln notwendig. Die zentrale Lage Lüdenscheids an der Heeres- und Fernstraße zwischen den politischen Zentren Köln und Arnsberg und dem Fernweg zwischen Siegen und Dortmund ließ den Ort zum Marktplatz werden. Seine Marktrechte sind älter als die Stadtrechte. Die Gewinnung und Vermarktung von Eisen war für die mittelalterliche Ritterkultur grundlegend.

2. Zu den wenigen Fernrouten der damaligen Zeit zählte die Heeresstraße nach Köln. Dort gab es den größten Waffenmarkt Nordwesteuropas: Schwertfeger, Speermacher, Harnischmacher, Helmschläger und Eisenhandschuhmacher gehörten zu den 20 Handwerkern des Schmiedeamtes. Aus dem Sieger-, Sauer- und Bergischen Land gelangten die Halb- und Fertigprodukte in die Handelsmetropole des Mittelalters, die 1268 ca. 20.000 Einwohner hatte. Noch mehr Lüdenscheider Kaufleute waren in Dortmund und Soest tätig. Die Dortmunder verarbeiteten ebenfalls Eisen zu Gebrauchs- und Kriegszwecken. Die Verbindungen zu den drei Handelszentren und zu den Eisenerzen des Siegerlandes waren verkehrswirtschaftlich für die Entwicklung Lüdenscheids wichtig.

3. Die Anfänge der wechselnden politischen Machtverhältnisse liegen teilweise im Dunkeln. Nach dem Sieg der Franken über die Sachsen herrschte der Erzbischof von Köln seit dem späten 9. Jh. über Lüdenscheid. Christentum und politische Macht waren miteinander verwoben. Das Kaiserhaus der Salier errichtete in Lüdenscheid 1114 eine Reichsburg, deren Lage unbekannt ist. Graf Engelbert I. von der Mark verlieh Lüdenscheid Stadtrechte, um einen befestigten Platz zum Schutz und als Einnahmequelle des wertvollen Eisenmarktes zu haben. Das war politisch, wirtschaftlich und militärisch wichtig, um die eigene Macht gegen die Interessen des Landesherren und Erzbischofs von Köln zu sichern.

4. Der Schutzpatron der Kirche war Medardus, ein Bischof, der um 545 n. Chr. als Bischof von Tournay starb. Mehr als 20 Kirchen tragen seinen Namen, unter ihnen die Reichsabtei Brauweiler bei Köln. Die Pfarrei unterstand kirchenrechtlich dem Erzbischof von Köln. Die Forschung unterscheidet die Urpfarren Hagen und Attendorn aus der Zeit um 800 n. Chr. von den Stammpfarren aus dem 9. Jh., zu denen Lüdenscheid gehörte. Bis zur Stadtgründung war die Pfarrkirche das öffentlich-rechtliche Zentrum Lüdenscheids, um das herum sich Handel, Verwaltung und Gericht entwickelten. Mit der Stadtgründung wurde das Rathaus zum politischen und rechtlichen Zentrum.

5. Parallel zur Gründung der Stammpfarren Lüdenscheid, Schwelm und Elsey und der Urpfarrei Hagen entwickelte sich das Gogericht zunächst als Niedergericht. Im 15. Jahrhundert ist der Gograf nicht nur der Richter, sondern auch oberster Verwalter von Steuern, Polizei, Militär und Rechtsansprüchen des Landesherren. Der Aufbau der rechtlichen Ordnung des religiösen und öffentlichen Lebens ging zu einem großen Teil der Stadtgründung voraus.

6. Die Forschung geht davon aus, dass der Prozess der Stadtwerdung erst im Jahre 1287 abgeschlossen wurde, als der Graf dem Rat und den Bürgern zusicherte, dass die "bueren" (d. h. die Bürgernachbarn) von Lüdenscheid das Recht haben, beim Sterbefall "Hergewede und Gerade", die bewegliche Habe von Mann und Frau, zu vererben, die gewöhnlich dem Landesherren zustand. Dieses Recht der Stadtbürger bezog sich auch auf die Freien, die außerhalb der Stadtmauern zum Kirchspiel gehörten und das Lüdenscheider Bürgerrecht besaßen.
Es gab also Lüdenscheider Innen- und Außenbürger, weil die Bedeutung der Stadt von den umliegenden Bauernschaften mit ihrer Eisengewinnung abhing.

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Eisen:   Von der Rennverhüttung zur Osemundherstellung

Von Hans Ludwig Knau

Foto: Ein Lehrer mit seinen Schülern bei archäologischen Ausgrabungen. Im Hintergrund sind Berge und Täler zu erkennen.
Manfred Sönneken mit Schülern bei Grabungen auf dem Wixberg bei Altena.

 

Der Reichtum des Märkischen Sauerlandes lag zu keinem Zeitpunkt in der Erzeugung von agrarischen Produkten, sondern in den Bodenschätzen und der Befähigung der Menschen zur industriellen Arbeit.
Deren Frühzeit hat Manfred Sönnecken erforscht.

Spuren von Burgen
Foto: Ein Lehrer mit seinen Schülern sitzend bei archäologischen Ausgrabungen. Es ist Pause.
Ausgräber mit Manfred Sönneken beim Freilegen der Wallburg bei Hofkühl.

 

Im Jahre 1954 schickte ihn die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster vor, um eine mysteriöse Grabung, über die die örtliche Presse berichtet hatte, aufzuklären. Es handelte sich dabei um Mauerreste einer alten Burg in der Flur Schnörrenbach (Stadt Kierspe), die sagenhaft bekannt und in einer Katasterkarte aus dem Jahre 1816 mit dem Flurnamen "Op der Borg" festgehalten war. Der Kiersper Amtswassermeister hatte bei Geländebegehungen eine Maueranlage in ovaler Form, das Grundmauerwerk von drei Türmen, eine Brunnenanlage, sowie eine Hausruine mit Backofen gefunden. Den Kierspern war die Sage von einem Schloss im Arney bekannt, von dem ein unterirdischer Gang ins Hülloch, einer sagenumwobenen Höhle im Kalkgebirge führen sollte. Aus Höhle, unterirdischem Gang und verwunschenem Schloss wurde in kurzer Zeit ein Fantasiegebilde mit einer alten germanischen Wallburg, einem Sammelplatz der Sugambrer, die sich hier vor allem gegen die immer mächtiger werdenden Römer verteidigten und einem Türstock, an dem noch das Zeichen der Irminsul, des größten Heiligtums der Germanen auszumachen war. Als nun noch durch die Lüdenscheider Zeitung berichtet wurde, dass Professor Stieren, der damalige Leiter des Museums in Münster, nach wenigen Grabungen und Sondierungen im Gelände den Befund mit der germanischen Fliehburg bestätigt habe, war die Sensation vor Ort perfekt. In Münster herrschte allerdings tiefe Bestürzung, denn Professor Stieren hatte sich zwar in der fraglichen Zeit zu einem Vortrag auf der Burg Altena aufgehalten, war jedoch nicht in Kierspe gewesen. Der 24-jährige Manfred Sönnecken wurde also geschickt, der Sensation nachzugehen. Nach seinem Urteil wurden aus den Türmen Schürflöcher, den Wallgräben Hohlwege, der Hausruine mit Backofen ein großer Meilerplatz und den Mauerresten gewöhnliche Verwitterungserscheinungen des anstehenden Gesteins. Manfred Sönnecken entlarvte die vermeintliche Wallburg als "ein Schloß im Mond".

Foto: Der Schachtofen von Berentrop: Aus Erde und Lehm gebaut: Oben und vorn ein Zugang zum Befeuern.
Schachtofen von Berentrop.

 

Dieses Erlebnis hat ihn geprägt. Er merkte, dass man ihm in der Bevölkerung nicht so recht glauben wollte, denn viel zu fest saß da die Sage von der alten Burg, dem alten Gang und den Schanhollen im Hülloch. Sein späteres Wirken ist geprägt von systematischen Bemühungen, in den Sauerländer Burgen durch sorgfältiges Absuchen des Geländes Keramik für die Datierung zu gewinnen, um aus Geschichten wieder Geschichte zu machen. Dieses Ziel hat er in unermüdlicher Arbeit verfolgt. Es ist ihm dabei gelungen, nicht nur die Geheimnisse vieler Burgen zu lüften, sondern auch die der zahlreichen Schlackenhaufen in den Bergen, deren Herkunft ebenfalls voller Rätsel steckte. Bis auf den Nachweis der germanischen Siedlung bei Garbeck mit zugehöriger Bleiverhüttung hat sich dabei die Geschichte der Burgen und Hütten als in ihren Ursprüngen mittelalterlich erwiesen. Die wissenschaftliche Arbeit war dabei die eine Seite, die andere, die für ihn ebenso wichtig war, die Ergebnisse dieser Arbeit zu publizieren. Er erlangte dabei immer mehr den Ruf des Fachmannes, dessen Urteil man glauben konnte.

Lang ist die Liste der Burgen, die er untersucht hat. Die Peyenburg bei Winkeln und die Nolkenburg bei Linscheid entpuppten sich dabei als Relikte des Ackerbaus, als Ackerraine. Die Wallburg auf dem Buckesfelder Kopf in Lüdenscheid, die Wolzenburg in Kierspe, die"curtis" Wiblingwerde, der Heilige Stuhl bei Plettenberg sowie die Trotzenburg in Meinerzhagen waren auch in Spuren nicht mehr nachzuweisen. Die "Schwedenschanze" beim Meinerzhagener Volmehof erwies sich als Teil einer Landwehr mit Straßendurchlass an der Heerstraße. Ebenso verhält es sich mit dem Wall oberhalb des Gehöftes "Im Gehegde" im Stadtgebiet Altena. Große Erfolge jedoch waren zu verzeichnen bei der Hohensyburg und den "Sieben Gräben" auf der Höhe des Schleipenberges als Vorgängerburg zum Schloß Hohenlimburg mit datierender Keramik, der zeitlichen Einordnung von Ambrock als "fränkische Soldatenburg im Volmetal", ebenfalls mit datierender Keramik, der mittelalterlichen Befestigung Rafflenberg bei Hohenlimburg, den Wallburgen "Hofkühl" und "Jäckelchen" als sogenannter "Heinrichsburg", sowie der Burg "op der Tinnen" bei Lieberhausen, der "Alte Burg" bei Dreistiefenbach und der Burg Altena mit mittelalterlicher Zeitstellung.

Die Rennverhüttung

Das älteste Verfahren der Eisenerzeugung ist die Rennverhüttung. Sie hat ihren Namen von der Schlacke, die flüssig aus dem Ofen abgelassen wird und durch die Schlackenrinne fließt, wo sie erstarrt. Das Eisen selbst wird bei diesem Verfahren nicht flüssig, sondern als kompakte Luppe gewonnen. Hierzu muss beim Rennofen die Ofenwand aufgebrochen, d. h. der Ofen weitgehend wieder zerstört werden. Der Schmied bearbeitet diese Luppe durch mehrfaches Ausheizen so weit, dass das Eisen in weiteren Schmiedevorgängen zu Fertigwaren verarbeitet werden kann. Häufiger wurden an den Hüttenplätzen Stäbe gefunden, die als Halbzeug für die Weiterverarbeitung angesprochen werden können.

Die Rennhütten des Märkischen Sauerlandes wurden mit künstlichem Gebläse betrieben. Hierzu benutzte man Blasebälge, die mit Hand oder Fuß betätigt wurden. Die zur Reduktion der Erze notwendigen Temperaturen lagen bei ca. 1200 Grad Celsius. Diese konnten bei diesen Bedingungen wiederum nur in kleinen Behältnissen erreicht werden, die bei einem Durchmesser von 25 - 35 cm bei den Rennöfen eine Höhe von ca. 1,50 m und bei den flachen Rennfeuern von nur etwa 60 cm erreichten. Die entsprechende Ausbeute bei einem Schmelzvorgang betrug nur wenige Kilo Eisen.

Rennöfen findet man im Märkischen Kreis im Raum Iserlohn-Altena-Werdohl-Lüdenscheid, wo der manganarme Roteisenstein abgebaut wurde, der nur in einem Ofen mit höherem Schacht reduziert werden konnte, während der manganreichere Brauneisenstein, der im Raum Meinerzhagen-Attendorn-Ründeroth zu finden ist, in den Rennfeuerherden reduziert wurde, die mehr einem Schmiedefeuer ähneln. Diese Unterscheidung der vom Typ her verschiedenen Schmelzaggregate ist wichtig für die Einschätzung der Fähigkeiten unserer Vorfahren. Sie verstanden es, die Technik zu entwickeln, die erforderlich war, um das Eisen aus den vor Ort anstehenden Erzen zu reduzieren.
Diese Technik mag vielleicht dem modernen Menschen bei den geringen Mengen, die produziert wurden, primitiv vorkommen, sie ist in Wirklichkeit jedoch so differenziert und kompliziert, dass man nur staunen kann, zu welchen Fertigkeiten es unsere Vorfahren ohne Kenntnisse der Chemie bringen konnten.

In jahrzehntelanger Geländebegehung hat Manfred Sönnecken die erstaunliche Zahl von 1.630 Schlackenhalden der Rennfeuerzeit kartieren können. Diese ungewöhnlich hohe Zahl weist auf die Bedeutung der Eisenverhüttung im Märkischen Sauerland hin. Ihre zeitliche Einordnung liegt zwischen dem 8. und 13., ihr Höhepunkt im 11. - 13. Jahrhundert. Die Burg Altena liegt gleichsam in der räumlichen Mitte dieses Hüttengebietes, ihre Erbauung ist nur im Zusammenhang mit der Eisenerzeugung zu verstehen.

Foto: Von 1930: Eine Gruppe Männer mit Schaufeln stehen vor einem rauchenden Holzkohlenmeiler.

Historische Rekonstruktion der Holzkohlenherstellung durch Köhler in einem Holzkohlenmeiler um 1930.

Verhüttung im Floßofen

Im 13. Jahrhundert hat es eine grundlegende Veränderung der Verhüttungstechnologie gegeben. In den Floßöfen konnte neben der Schlacke auch das Eisen beim Schmelzvorgang verflüssigt und abgestochen werden. Dies war nur durch eine Erhöhung der Temperaturen über den Schmelzpunkt von 1350 Grad möglich. Dazu benutzte man mechanische Blasebälge, die mit Wasserkraft angetrieben wurden. Die Verbesserung der Gebläsetechnik machte es möglich, die Schmelzöfen zu vergrößern, sodass man bei ca. 4 m Höhe des Ofens und einem wesentlich größeren Durchmesser des Ofenschachtes mit wesentlich höheren Mengen an erzeugtem Eisen rechnen konnte.

Der Floßofen brachte in der Verhüttungstechnologie eine entscheidende Wende. Beim Rennverfahren konnten nur solche Erze verwendet werden, deren Gehalt an Eisen bei mehr als 50 % FeO lag, während beim Floßofen auch die ärmeren Erze verarbeitet werden konnten. Die Menge der Erze, die gewonnen werden konnte, vermehrte sich dadurch um ein Vielfaches. Diese Aussage ist jedoch insoweit einzuschränken, als im Floßofen zunächst nur die manganreicheren Erze überhaupt zu verhütten waren. Während beim Rennverfahren der Roteisenstein die Basis der Verhüttung bildete, gewann beim Floßofen der manganreichere Brauneisenstein an Bedeutung. Der Roteisenstein konnte im Floßofen nur dort verhüttet werden, wo entsprechende Mengen an manganhaltigem Brauneisenstein zur Verfügung standen. Der Schwerpunkt der Eisenerzeugung im Märkischen Sauerland verlagerte sich entsprechend nach Süden in den Bereich, der beim Rennverfahren durch die Technologie des Rennfeuerherdes gekennzeichnet war.

Das im Floßofen flüssig gewonnene Eisen war jedoch nicht schmiedbar. Dessen Kohlenstoffgehalt musste hierfür in einem weiteren Schmelzverfahren durch Zuführung von Sauerstoff reduziert werden. Diesen Vorgang nennt man Frischen. Die Zufuhr von Sauerstoff war aber nicht nur eine Sache des Gebläses. Je mehr Sauerstoff nämlich über das Gebläse in den Herd gebracht wurde, umso mehr Eisen verbrannte beim Schmelzen und machte diesen Prozess dadurch unwirtschaftlich. Die Schmiede wussten sich jedoch zu helfen. Die bisher auf Halde geworfenen Schlacken hatten in ihrer chemischen Zusammensetzung noch einen Anteil an Sauerstoff. Man setzte also beim Schmelzen zusätzlich Schlacken ein, um den Abbrand an Eisen möglichst niedrig zu halten.

Die Hüttenplätze, die zur Zeit der Rennverhüttung in der Nähe der Erzvorkommen auf den Höhen gelegen hatten, wurden in die Täler verlegt, die bis zur Anlage von Straßen im 19. Jahrhundert verkehrsfeindlich waren. Die Transportwege zu den Hütten und späteren Hammerwerken waren überaus schwierig zu bewältigen. Die Menschen lebten auf den Höhen, wo sie ihre Felder hatten. Die Wiesen in den Talauen waren häufig versumpft, das Wasser nur schwer beherrschbar.

Osemund

Das Märkische Sauerland war durch die Erzeugung von Osemund weithin bekannt. Der Osemund war einerseits das geeignete Halbzeug für die Drahtherstellung, andererseits aber auch für die Produktion von Klingen und Messern und vielen anderen Kleineisenwaren. Das Osemundverfahren war ein Frischverfahren. Die Herstellung von Osemund ist daher an solchen Orten zu finden, wo die Verhüttung im Floßofen heimisch ist. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg ist eine Trennung des Floßofens von der Weiterverarbeitung in den Frischherden zu beobachten, nachdem die Erzbasis für die Verhüttung nicht mehr gegeben, die Frischtechnik der Osemundschmitten und die zugehörige Draht-, Stahl- und Eisenwarenerzeugung jedoch ein eigener Standortfaktor geworden war.

Die Grundlagen zur Erforschung dieser Entwicklung hat Manfred Sönnecken gelegt. Er hat als erster damit begonnen, die vielen noch in Resten erhaltenen Schlackenhalden zu erfassen und systematisch zu untersuchen. Ihm verdanken wir die Analyse der oben dargelegten Verhüttungs- und Schmiedetechniken und die Entdeckung eines elbgermanischen Langhauses in Balve-Garbeck neben einer Bleierzeugungsstätte der frührömischen Kaiserzeit.

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1391:   Gewerbe, Konflikte und Erbe des Herzogtums Kleve

Bürgermeister: Der erste namentlich bekannte Bürgermeister ist Vrolich Hake von 1396.

Foto: Ein Wachs-Siegel.
Siegel der Stadt Lüdenscheid von 1337.

 

Auf den nordeuropäischen Märkten unterschied man in dieser Zeit drei Eisensorten: Eisen, Stahl und Osemund. Der märkische Osemund zeichnete sich durch besondere Weichheit und Zähigkeit aus, die man für die Draht- und Blechproduktion brauchte. Hergestellt wurde er von schmiedekundigen Bauern, die sich nach der Feldarbeit und Viehpflege mit der Eisengewinnung befassten, oder von selbstständigen Eisenhüttenleuten, die mit Waldschmieden, Köhlern, Fuhrleuten und Händlern zusammenarbeiteten. Im Spätmittelalter verloren die Rennfeuer auf den Bergen an Bedeutung und wurden die Erze in Massenöfen geschmolzen. In ihnen ermöglichten wassergetriebene Gebläse eine größere Luftzufuhr als die einfachen Blasebälge an den Rennfeuern. Nun verlagerte sich die Eisengewinnung von den Hochflächen und Quellmulden in die Bachtäler. Im späteren Kreis Altena stand seit 1395 die älteste bekannte Eisenhütte mit Luftzufuhr durch Wasserantrieb im Tal der Nette. Die Anlage eines Wasserwerks für die Sauerstoffzufuhr der Eisenhütte konnte nur von vermögenden Besitzern mit Marktrechtbefugnissen finanziert werden. Zu ihnen gehörten das Wasser-, Holz- und Schürfrecht. Die früher selbstständigen und umherziehenden Waldschmiede wurden nun zu fachkundigen Lohnarbeitern der neuen Unternehmer: der Reidemeister. Auch das Adelsgeschlecht der von Neuenhoff im (späteren Schloss) Neuenhof war seit 1326 hier ansässig und mit der Eisengewinnung und -verarbeitung befasst. Im 17. Jh. besaß es eine Drahtrolle und mehrere Hammerwerke. 1694 wurde das heutige Schloss vollendet.

Foto: Ein Modell des mittelalterlichen Lüdenscheid: In der Mitte die Kirche (heute: Erlöserkirche), darumgruppiert die Wohnhäuser. Alles begrenzt durch die um die Stadt herumgebaute Stadtmauer. Sichtbar sind sieben Türme und zwei Stadttore. Das Modell befindet sich im Museum der Stadt Lüdenscheid.

Modell der Stadt Lüdenscheid im Spätmittelalter - Die Dächer waren damals mit Stroh gedeckt und brandgefährdet.

Um 1400 bildete sich in Lüdenscheid die dreiteilige Gilde bzw. Zunft der Schmiede, Zöger und Reidemeister. Zünfte wurden meistens die Vereinigungen der Handwerker einer Fachrichtung genannt und Gilden die Händler einer Warengruppe. Manchmal wurden die Begriffe gleichwertig verwendet. Gilden und Zünfte prägten die Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Kultur der Städte im Mittelalter und in der frü hen Neuzeit. Hauptsächlich dienten diese Organisationen der Sicherung der eigenen Marktanteile gegen Konkurrenten; dabei entstand eine Wirtschafts- und Sozialordnung, in der jedem ein Platz zugewiesen war. Wegen der geringen Gewerbefreiheit waren die wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten kleiner als heute. Aber auch damals konnten trotz der Zunftund Gewerberegeln Handwerksmeister und Händler zu großem Reichtum kommen oder verarmen.

1517 brach ein schwerer sozialer und wirtschaftlicher Aufstand aus, der sich über Jahrzehnte angebahnt hatte und noch über Jahrhunderte anhielt. In der Veste Lüdenscheid (d. h. im heutigen südlichen Märkischen Kreis und Breckerfeld) mehrten sich die Klagen der Bürger über die Schlächte. So wurden die Wasserstauwehre genannt, die die Reidemeister erhöhten, um das fließende Wasser besser für den Antrieb der Wassermühlen mit Blasebälgen für die Schmelzöfen zu nutzen. Nun konnten die Fische nicht mehr zum Laichen stromaufwärts kommen und die wichtige Zusatznahrung für die einfachen Leute blieb aus. Der Verzehr von Wild war dem Adel vorbehalten und die wenigen Haustiere konnte man nur selten schlachten. Manche Lüdenscheider litten an Mangelernährung und viele fühlten sich bedroht. Da keine Besserung in Sicht war, zerstörten die Bürger nach einem verbotenen Läuten der Kirchenglocken viele Schlächte und behinderten die Eisenproduktion der Unternehmer. Der Landesherr, der Herzog von Kleve, stellte sich auf die Seite seiner wichtigen Steuerzahler und verurteilte die Mehrheit der aufständischen Lüdenscheider zu hohen Strafzahlungen. Um diese sicherzustellen, wurden einige Bürger in Wetter und Hörde als Geiseln inhaftiert. Nachdem der Verstoß gegen den Landfrieden bestraft war, wurde die Ursache untersucht und der Rückbau der erhöhten und später hinzugefügten Schlächte vom Landesherren zum Erhalt der "täglichen Leibnahrung" angeordnet. Aber der Streit flammte immer wieder auf, vielleicht weil sich hinter ihm auch ein Wirtschaftskonflikt zwischen den mit der Wasserkraft arbeitenden Hammerwerksbesitzern in den Tälern und den verarmenden Rennfeuerarbeitern auf den Höhen verbarg, die die Wassermenge für den Antrieb kürzen wollten.

Dank der klugen Nutzung der knappen Naturschätze fanden viele im Süderland ihren Lebensunterhalt. Aber manche zogen mit den Händlern in das fruchtbare Baltikum. Von den 270 Rittern des Schwertbrüderordens (einer Gemeinschaft von religiös orientierten Kriegern mit wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Zielen) in Livland stammten 40 aus der Grafschaft Mark. Deshalb bezog der Orden Rüstungen und Waffen von hier, z. B. aus Iserlohn und Soest 200 Brustharnische. Lüdenscheid gehörte zum Verbundsystem der Eisengewinnung und -verarbeitung der Grafschaft Mark. über Höhenwege waren die Orte miteinander so vernetzt, dass sie sich arbeitsteilig ergänzten. Dieses Eisengewerbe war über die Städte Dortmund und Soest der Hanse und dem nordeuropäischen Wirtschaftsraum angeschlossen. Zu den frühen Produkten zählten: Sicheln, Sensen, Haken und Hacken.

Die politischen Unruhen wurden hier auch von der Familie der Grafen von der Mark verursacht. Verschiedene Mitglieder paktierten zeitweise mit anderen Adligen und führten gegeneinander Kriege. 1423, 1424 und 1429 wurden in der Grafschaft Mark 29-mal Orte wegen politischer Streitigkeiten in Brand gesetzt. 1426 zwangen die märkischen Ritter zusammen mit den größeren und wirtschaftlich bedeutenden Städten Hamm, Lünen, Schwerte, Iserlohn, Unna, Kamen und Bochum sowie den kleinen Städten Lüdenscheid u. a. den Grafen Adolf IV., einen Teil der Grafschaft Mark an seinen Bruder Gerhard abzutreten, um Frieden herzustellen. Als Graf Gerhard kinderlos starb, erbte der Herzog von Kleve 1461 die Mark. Ihm mussten die Märker jetzt die Steuern zahlen und Heeresfolge leisten. 1482 zogen 908 Krieger aus der Mark für ihn in den Krieg: 400 aus Soest, 200 aus Hamm, 100 aus Unna, 50 aus Kamen, je 25 aus Schwerte und Iserlohn, je 15 aus Neustadt und Bochum, je 12 aus Breckerfeld, Altena, Neuenrade und Plettenberg, je 10 aus Hattingen und Lüdenscheid.

1532 lebten in den sechs Ämtern des märkischen Sauerlandes insgesamt 20 691 Menschen, davon 7.763 im Amt Altena, zu dem auch Lüdenscheid (Stadt und Land) zählte. Dessen Anteil lässt sich auf ein Fünftel des Amtes Altena schätzen.

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Lüdenscheider Zeitbilder
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Lüdenscheider Zeitbilder, Lindenau 16, 58511 Lüdenscheid
Vertreten durch: Matthias Wagner, Telefon 02351 25138, info (at) lüdenscheider-zeitbilder (.) de
Gestaltung: Martin Sander/ Hans-Werner Hoppe